Alte Messe in Regensburg - Interview

Andreas Gehrmann: Grüß Gott H. H. Domvikar Schwager! Wie wurde in Regensburg die im Jahre 2007 in Kraft getretene Neuregelung der Bestimmungen für den Gebrauch des Messbuches von 1962 aufgenommen?

Domvikar Georg Schwager: Sie wurde sicherlich von vielen zunächst mit Überraschung, von den Gläubigen, die sich dem Römischen Ritus in der außerordentlichen Form verbunden fühlten, aber mit großer Freude und Dankbarkeit aufgenommen. Von Seiten der Bistumsleitung versuchte man, dem Anliegen dieser Gläubigen weitherzig entgegenzukommen, so dass man sich bemühte, dort, wo Gläubige die sogenannte „tridentinische Messe“ feiern wollten, Kirchen und Priester zur Verfügung zu stellen. Persönlich möchte ich sagen, dass ich Papst Benedikt XVI. für seine Entscheidung sehr dankbar bin, da diese Form der Messfeier eine Bereicherung der Kirche darstellt.

Andreas Gehrmann: Gut sechs Jahre sind vergangen. Was hat sich zwischenzeitlich in der historisch bedeutsamen Bistumsstadt getan hinsichtlich „Summorum Pontificum“?

Domvikar Georg Schwager: Ich stelle fest, dass nach wie vor großes Interesse an der Feier dieser Liturgie besteht. Die Zahl der Messbesucher nahm erfreulicherweise zu, interessant ist auch, dass Familien mit ihren Kindern gerne an dieser Form der römischen Messe teilnehmen. Auch die Wochentagsmessen sind in der Regel sehr gut besucht.

Andreas Gehrmann: Immer wieder hört man, dass sich besonders junge Menschen von der außerordentlichen Messform angezogen fühlen. Können Sie diese Beobachtung bestätigen? Wenn ja, woran liegt dies?

Domvikar Georg Schwager: Ja, ich kann diese Beobachtung bestätigen. Ich denke, die jungen Menschen suchen und erleben hier eine echte und sehr tiefe Weise, Christus zu begegnen. Es sind vor allem der mystische Charakter, der die Jugendlichen anzieht, und die Momente der Stille und Ehrfurcht, die heutzutage vielfach schwer zu finden sind.

Andreas Gehrmann: Zudem zeige sich zunehmend die jüngere Priestergeneration interessiert an der überlieferten Messe. Wie sehen Sie dies?

Domvikar Georg Schwager: Auch das kann ich bestätigen. In persönlichen Gesprächen mit jungen Priestern erfahre ich immer wieder, dass ihnen die Zelebration der hl. Messe in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus sehr am Herzen liegt. Es wäre daher sehr zu wünschen, dass jene Alumnen und jungen Priester, die einen Zugang zur Feier der sogenannten „tridentinischen Messe“ gefunden haben, auch im Rahmen ihrer Ausbildung eine gediegene Einführung in die Feier und Zelebration der hl. Messe in diesem Ritus erhalten. Papst Benedikt XVI. hat dies ja in seiner Instruktion von 2011 ausdrücklich so gewünscht, wenn die pastoralen Erfordernisse dies nahelegen.

Andreas Gehrmann: Gibt es in Regensburg Schulungsmöglichkeiten für Priester, welche die Zelebration dieser Messform erlernen möchten?

Domvikar Georg Schwager: Nach Bekanntgabe des Motu Proprio hatten wir in Regensburg von Seiten der Diözesanleitung eine Schulungsmöglichkeit in einem nahe gelegenen Kloster. Ich kann mir vorstellen, dass dies bei Bedarf auch wiederum genehmigt werden und stattfinden könnte.

Andreas Gehrmann: Das Motu Proprio spricht von „einem Römischen Ritus in zwei Formen“. Wozu zwei Formen? Was bietet die außerordentliche Messform gegenüber der ordentlichen Messform, oder auch gerne andersherum gefragt, was bietet die ordentliche gegenüber der außerordentlichen?

Domvikar Georg Schwager: Papst Benedikt XVI. spricht von einer gegenseitigen Befruchtung. Das eucharistische Geheimnis ist so groß, dass es im Lauf der Jahrhunderte in verschiedenen Formen des Messritus, die von der Kirche zum Teil bis heute anerkannt sind, seinen Ausdruck findet. Wir sollten die Riten nicht gegeneinander ausspielen. Denn jede Messe ist groß und wunderbar, wenn sie nach den liturgischen Vorschriften gefeiert wird. Eine Bereicherung der „außerordentlichen Form“ würde sicher in der Erweiterung der Leseordnung oder der Präfationen bestehen; dagegen bietet sie in ihrer gewachsenen Struktur unendliche geistliche Reichtümer, deren Verlust unverantwortlich und töricht wäre.

Andreas Gehrmann: Nicht selten berichten Freunde der überlieferten Messe, sie würden oft wie Aussätzige behandelt. Die päpstlich festgelegte „außerordentliche Messform“, die bekanntlich denselben Rechtsstatus wie die ordentliche Messform genießt, werde oftmals zu einer Art „ausnahmsweise Messform“ degradiert. Menschen guten Willens werden hier regelrecht ausgebremst. Was raten Sie Gläubigen, denen dieses Unrecht geschieht?

Domvikar Georg Schwager: Ja, es ist ein Unrecht, wenn dies Gläubigen geschieht. Ich rate in dieser Situation zu einem sachlichen Gespräch mit den Seelsorgern. Wer echter Seelsorger ist, wird auch auf die Wünsche dieser Gläubigen eingehen. Schließlich sind wir Priester nicht „Herren des Glaubens“, sondern „Diener der Freude“ (vgl. 2 Kor 1, 24) und als solche sind wir dem geistlichen Wohl und Wachstum der Gläubigen verpflichtet.

Andreas Gehrmann: Man hat den Eindruck manche Katholiken scheuen die überlieferte Messe wie der Teufel das Weihwasser. Haben Sie eine Erklärung für die starken Emotionen dieser Menschen?

Domvikar Georg Schwager: Eine Erklärung dafür habe ich nicht. Denn ich verstehe nicht, warum man so reagiert. Niemand braucht Scheu und Angst zu haben vor einer ehrfürchtig gefeierten hl. Messe, sei es in der „ordentlichen“ oder „außerordentlichen“ Form des Römischen Ritus.

Andreas Gehrmann: Was hat Ihrer Einschätzung nach dazu geführt, dass fast fünfzig Jahre nach der Liturgiereform unter Papst Paul VI. das Verlangen nach der sogenannten „alten Messe“ wieder zunimmt?

Domvikar Georg Schwager: Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn es gibt wohl viele Gründe. Wir müssten hier eine Umfrage unter den Gläubigen selbst starten. Vielleicht wurde vielen Gläubigen zu schnell ihre innere Heimat genommen oder sie vermissen Ehrfurcht, Liebe und Demut gegenüber dem Heiligen. Eine zutreffende Antwort kann ich darauf nicht geben.

Andreas Gehrmann: Papst Franziskus bekräftigte vor wenigen Monaten das Motu Proprio „Summorum Pontificum“ bei einer Audienz für italienische Bischöfe. Wie sehen Sie die zukünftige liturgische Entwicklung? Werden auf Dauer zwei Messformen haltbar sein?

Domvikar Georg Schwager: Da ich nicht in die Zukunft blicken kann, weiß ich es nicht. Ich bemerke nur, dass Papst Franziskus eine große Liebe zum Gebet und zur Stille hat. Warum sollte Papst Franziskus ohne Not eine Entscheidung zurücknehmen, die sich sein Vorgänger sehr gut überlegt hat?

Andreas Gehrmann: Gibt es etwas, was Sie unseren Lesern noch mit auf den Weg geben möchten?

Domvikar Georg Schwager: Halten wir treu zum römischen Lehramt und beten wir um gute, heilige Priester.

Andreas Gehrmann: H. H. Domvikar Schwager, herzlichen Dank für das Gespräch.

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